Alle stellen Umbauten vor. Ich mag auch mal.
Eigentlich hatte ich meine Motorrad-Episode schon lange zugunsten meiner Familie abgeschlossen. Aber da, vor etlichen Jahren, bekam ich von einer Freundin eins geschenkt. Es ging wieder los.
Eine XV 750 SE, Jahrzehnte alt, aber noch gut in Schuß, spielte eine zeitlang ihre Rolle als unser Freizeitgerät. Dann kam mein Umzug in den Stadtkern und damit die Autoabschaffung. Für den anstehenden Alltagsbetrieb war die "SE" etwas unpraktisch, ich suchte was besseres und fand es in Gestalt einer betagten, vernachlässigten und demzufolge spottbilligen XJ 550. Ach was, vernachlässigt - total runtergekommen war das Teil, gerade richtig für meine schmale Kasse.
Zu der Zeit hatte ich mir bereits meine Bastelbude eingerichtet und mit Suzuki-Katana- und Gilera-Teilen zum Restaurieren gefüllt. Die mussten allerdings zunächst mal warten, denn an der XJ gab es einen heftigen Wartungsstau abzuarbeiten. Heute, nach der Kur und einigen Jahren bei mir, ist sie kerngesund, sieht aber immer noch scheisse aus. Das lasse ich absichtlich so, als Diebstahlsicherung beim parken in der Stadt.
Der Vorbesitzer hatte das arme Ding jedes Frühjahr vom Dorfschmied notdürftig wieder in Gang bringen lassen, aber nie für dauerhafte Zuverlässigkeit gesorgt. Wenn ich an den Zustand im Detail zurückdenke, stehen mir heute noch alle Resthaare hoch. Dass die Icksjotten eine grundsolide Basis haben, wusste ich aus etlichen Quellen, und so machte ich mich an die Arbeit. Im ersten Jahr versenkte ich tausend Euro in Form von Teilen in die Maschine und kümmerte mich um jedes, auch die kleinsten ihrer Wehwehchen. Alle Kupferwürmer sind inzwischen aus der Kabelage vertrieben, die Vergasereinstellung ist da wo sie hingehört, die wichtigsten Lagerstellen sind mit neuer Ware und Schmiermitteln versorgt, alle Bedienungselemente funktionieren knackig und leicht. Kurz, zu meiner großen Freude wurde das Ding allmählich zu meinem beliebtesten Gebrauchsgegenstand, fährt täglich in der Stadt herum und war auch schon auf etlichen längeren Reisen.
Der Name mag verwundern, tragen doch fast alle Motorräder weibliche. Er kommt daher, dass ich anfangs alle Belege, Infos, Bilder, Schachteln mit Teilen, eben alles, was aufbewahrenswert oder dokumentationswürdig ist, mit einem X gekennzeichnet habe, um es in meinem Chaos wiederzufinden. Daraus entstand Mr.X, die Idee eines Besuchers in der Bastelbude.
Selbstverständlich teile ich auch den Hang vieler Motorradfahrer, ihren Untersatz den eigenen Bedürfnissen anzupassen. Im Gegensatz zu manchen mache ich das Umbauen aber nicht als Verschönerung. Es kommt mir nur Nahrhaftes dran, Süßigkeiten überlasse ich neidlos den Besitzern von Sonntagsmopeds. Die ersten Brauchbarkeiten waren der Spritzschutz am Hinterrad gegen Sauwetter und ein Gepäckträger mit einem Topkäse drauf, weil man doch einen Kofferraum oft brauchen kann. Nächste Amtshandlung war das Winterfest-machen, damals während der unsäglichen Winterreifen-Vorschrift. Die stellte sich für mich aber dann als Segen heraus, kam ich doch dadurch auf die Heidenau-K60-Grobstoller, mit phänomenalem Nassgrip und einer Lebensdauer jenseits 15000 km inzwischen meine ganzjährige Besohlung.
Weiteres zur Hebung der Arbeitsmoral beim Ritt durch widriges Wetter waren die Heizgriffe mit selbstgemachtem Windschutz sowie ein Spritzlappen am Vorderrad.
Gegen Unsichtbarkeit bei Nacht und unaufmerksame Dosenfahrer sollen Zusatzlicht und Reflektorstreifen helfen.
Letzte Modellpflegemaßnahmen waren ein handbetätigter Kettenöler und ein Spritzschutz für die Kette. Ja, das ist ein Schlechtwettermoped. Gutes Wetter kann ja jedes. Gebt es ruhig zu, so verrückte Umbauten habt ihr noch nicht gesehen.